Auf Einladung des Vereins zur Förderung der Schulpartnerschaft zwischen dem Nelly-Sachs-Gymnasium und dem Humanitären Lyzeum in Pskow hielt Dr. Christoph Heusgen vor fast dreihundert Zuhörerinnen und Zuhörern im Forum des Nelly einen Vortrag über Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz und langjährige außen- und sicherheitspolitische Berater Angela Merkels informierte zunächst über die Hintergründe des Krieges und skizzierte dabei die Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland in den letzten Jahrzehnten. In seinen kurzweiligen Ausführungen charakterisierte er Putin, den er etwa dreißig Mal persönlich getroffen hat, als jemanden, der alles genau plant und Schwächen nicht zulässt. Außerdem dulde er anders als in demokratischen Regierungen – Merkel sei immer darauf bedacht gewesen, auch andere Sichtweisen zu hören – keinen Widerspruch vonseiten der Berater. Selbstkritisch gestand Heusgen ein, dass man Putin zu sehr vertraut habe. Auch den Bau der Pipeline Nord Stream 2 bezeichnete er als Fehler. Heusgen machte deutlich, dass Putin im Falle eines russischen Sieges über die Ukraine nicht halt machen, sondern versuchen werde, seine Macht auf Moldau und das Baltikum, also auch auf Natogebiet, auszudehnen. Eine Niederlage der Ukraine hätte somit auch für Deutschland weitreichende Folgen. Wichtig sei, Putin aus einer Position der Stärke heraus zu begegnen. Deshalb plädierte Heusgen, der nach seiner zwölfjährigen Beratertätigkeit für die Bundeskanzlerin Ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen war, nachdrücklich dafür, die vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auch zukünftig tatsächlich für Verteidigung auszugeben. Außerdem sprach er sich klar für die Einführung eines verpflichtenden sozialen Jahres aus, wie es auch der Bundespräsident angeregt hatte.
Das große Interesse der Zuhörerinnen und Zuhörer am Thema zeigte sich auch in der Frage- und Diskussionsrunde, die sich an den Vortrag anschloss und in der der erfahrene Diplomat Heusgen mit großer Expertise zu den zahlreichen Fragen aus dem Publikum Stellung nahm. Die Ansichten Heusgens wurden unterstrichen durch die Aussagen eines Russen, der erst seit Kurzem in Deutschland im Exil lebt und eindringlich davor warnte, Putin z.B. bei einem möglichen Friedensschluss zu vertrauen.
Nach Vortrag und Fragerunde nutzten viele Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, im Foyer mit Heusgen persönlich ins Gespräch zu kommen oder sein Buch „Führung und Verantwortung“ signieren zu lassen. Wir danken Herrn Dr. Heusgen für seinen Besuch am Nelly und den informativen Vortrag!
Verfasser: Dr. Kirfel
Bildquelle: Rheinische Post (Foto: Wolfgang Walter) Link zum Artikel der Rheinischen Post