Ja, ich weiß, Südafrika klingt zunächst nicht unbedingt einladend, wenn es um einen Auslandsaufenthalt geht. Trotzdem wurde es das Ziel für mich. Ich hoffe, dass ich Euch mit meinem Erfahrungsbericht dazu anregen kann, dieses wunderbare Land zu besuchen.

Meinen Gastbruder Liam lernte ich schon im Dezember 2018 kennen, als er für sechs Wochen hier bei uns in Deutschland und auch auf dem Nelly war. 14 Tage vor den Sommerferien 2019 ist es dann für mich soweit. Ich stehe zusammen mit ungefähr 15 anderen in meinem Alter bei 34°C am Frankfurter Flughafen und schaue auf das Flugzeug von South African Airlines. Boarding, Gepäckabgabe und Co. klappen super, sodass ich gegen 19 Uhr im Flieger sitze und mich auf spannende sechs Wochen in einem komplett fremden Land freue. 12 Stunden später dann die Landung in Johannisburg bei angenehmen 20°C (Winter). Die ganze Gruppe verlässt das Flugzeug mehr oder weniger verschlafen und betritt (für die meisten) zum ersten Mal südafrikanischen Boden. Wir werden in der Ankunftshalle bereits erwartet, geben unser Gepäck ab und für sieben Jugendliche einschließlich mir geht es direkt weiter, diesmal in einem kleinen Bus in Richtung „Entabeni Game Reserve“. Drei Tage Safari! Morgens um sechs freiwillig (!) aufstehen, zum Frühstück gibt es tea and biscuits, rein in den Truck und dann bei Temperaturen um den Gefrierpunkt knapp zweieinhalb Stunden lang durch die Savanne fahren. Zusammen mit einem Ranger, der sich im Gebiet auskennt und deshalb weiß, wo sich die Tiere normalerweise aufhalten sieht unsere kleine Gruppe so ziemlich alles. Elefanten, Giraffen, Zebras, Nashörner, Löwen, Geparden und Krokodile, aber auch ein Nilpferd, Warzenschweine und Strauße bekommen wir auf vier sogenannten „Game-Drives“ zu sehen, so nah am Truck, dass ich sie theoretisch hätte streicheln können. Abends im Reserve, nach dem letzten Drive gibt es immer ein leckeres Abendessen mit uns bekannten Speisen, aber auch ein paar etwas seltsam wirkenden Nahrungsmitteln. So zum Beispiel Ugali, eine weiße Masse aus Maismehl, die man zu so gut wie allem isst. Zusammen mit einer leckeren Soße ist das ein unglaublich leckeres und vor allem sättigendes Essen. Und so sitzen wir sieben Deutschen dort, 8000 Kilometer von der Heimat entfernt am Lagerfeuer, essen Ugali und unterhalten uns mit Neuseeländern, Finnen, Amerikanern und Südafrikanern, natürlich immer auf Englisch.

Nach drei Tagen Wildlife pur geht’s dann wieder zurück nach Johannisburg, wo meine Gastfamilie auf mich wartet. Der Empfang ist herzlich und es ist schön, die Familie endlich kennenzulernen, mit der wir vorher bereits via Skype gesprochen hatten. Ich hole das Gepäck ab und wir fahren mit dem Auto vom Flughafen zu ihrem „Estate“, vergleichbar mit unseren Dörfern hier auf dem Land. Dort bekomme ich bereits die erste Veränderung (abgesehen von den Tieren) zu sehen: Das Lenkrad ist rechts und es herrscht Linksverkehr. Wie oft ich wohl in den sechs Wochen um das Auto rumgehen muss, weil ich aus Reflex beim Einsteigen auf die rechte Seite des Wagens gehe…J.

Angekommen im Estate werde ich von der gesamten Familie einschließlich der drei Hunde und der Katze nochmal richtig begrüßt. Sie zeigen mir Haus und Garten, danach werde ich in Ruhe gelassen, damit ich meine Koffer ausräumen und meiner Familie zuhause Bescheid sagen kann, dass ich gut angekommen bin. Am Abend des ersten Tages werde ich direkt in die erste Tradition eingeweiht: Den Braai. Dieser ist vergleichbar mit unserem Grillen, man isst viel Fleisch, meist vom Lamm, dazu Salat und natürlich wieder Ugali. Wir sitzen noch lange am Tisch und unterhalten uns, bis irgendwann meine Hostbrüder und ich müde werden und wir auf unsere Zimmer gehen. Die erste Nacht ist zu kurz, ich schlafe wie ein Stein und trotzdem bin ich am nächsten Morgen noch ziemlich geschlaucht von der ganzen Aufregung und all den neuen Eindrücken. Doch die Müdigkeit verfliegt schnell als ich vom Programm für die kommenden Wochen erfahre: Ein Besuch im „Elephant and Monkey sanctuary“ und ein großes Familientreffen stehen an, aber für mich sind sogar so banale Dinge wie einkaufen gehen oder ein Mittagessen im traditionell südafrikanischen Fastfood Laden „Nandos“ irgendwie Highlights. Ich versuche mich, sooft am Alltag zu beteiligen wie möglich, weshalb ich überall mit hin genommen werde. Ich begleite meine Gastbrüder zum „Hair stylist“, was auch ein sehr interessantes Erlebnis ist, da die Beziehung zwischen Friseur und Kunde viel persönlicher ist. Die Familien kennen sich und wir reden über Deutschland, Unterschiede zu Südafrika und vieles mehr. So kommt es, dass wir von der großen Leidenschaft des Stylisten erfahren, dem Kochen. Er bietet an, zu uns zu kommen und ein traditionell südafrikanisches Essen zuzubereiten, was wir natürlich sofort annehmen. Zwei Tage später ist es so weit. Die ganze Familie ist gekommen und der Tisch ist voll mit interessantem Essen. Ich erfahre, dass es besonders unter Farbigen oder in ärmeren Familien üblich ist, das Essen aus Kohlblättern zu essen. Also gibt es für jeden ein großes Blatt, das mit vielen unterschiedlichen Speisen gefüllt wird. Ugali ist natürlich auch wieder dabei, aber auch Dinge die ich noch nie gesehen, geschweige denn gegessen habe, wie zum Beispiel „Mopami Worms“, getrocknete Schmetterlingsraupen – für mich nur genießbar mit viel Soße….. Viel besser geschmeckt haben mir Wilderbeest-Wurst (südafrikanisches Gnu), Antilope und eine Mischung aus Kartoffeln und Spinat, speziell zubereitet mit Gewürzen. Beim Essen wird sehr viel geredet und auch ich als Nicht-Muttersprachler kann mich gut beteiligen, alle achten darauf, verständlich zu reden und vor allem nicht zu schnell. Es wird viel gelacht und der Abend geht sehr schnell vorbei.

Ich begleite meine Gastbrüder natürlich auch in ihrem Alltag. So gehe ich mehrmals mit zu ihren Pfadfindertreffen. Anders als bei den Pfadfindern in Deutschland, ist in Südafrika zunächst alles sehr diszipliniert und es gibt strenge Regeln am Anfang und am Ende des Treffens. Aber dazwischen geht es sehr wild her. Es wird gespielt und gegessen, dann wieder gespielt und so gehen die drei Stunden sehr schnell vorbei. Alle kennen einander und sind dementsprechend freundlich, auch ich werde nicht als Außenseiter behandelt sondern als neues Mitglied herzlich in ihrer Gruppe aufgenommen.

Zur Schule gehe ich auch. Mit unserer Schule hier in Deutschland kann man sie aber nicht vergleichen. Der Unterricht findet als Frontalunterricht statt, d.h. der Lehrer steht vorne und erzählt, während die Schüler diszipliniert mitschreiben. Gruppenarbeiten gibt es kaum und die Interaktion zwischen Schülern und Lehrern ist auch eher spärlich. Es sei dazu gesagt, dass sich die Schüler in der Zeit, in der ich die Schule besuche, auf Klausuren vorbereiten müssen, dieser ungewöhnliche Unterricht also vielleicht daran gelegen haben könnte. Das ist ein weiterer Unterschied zwischen den Schulen: Wir schreiben über das Halbjahr verteilt die Klausuren während in Südafrika alle Klausuren für alle Fächer in knapp drei Wochen geschrieben werden. Außerdem fängt dort das Schuljahr im Januar an und geht bis in den Dezember. Und die Schüler tragen Schuluniformen bestehend aus Hemd, Pulli und Sakko, ordentlicher Hose und Anzugschuhe – sehr chic.

In meinen sechs Wochen habe ich also seeehr viel erlebt. Vom Elefantenfüttern und einer Safari über einen Besuch im Apartheitsmuseum bis hin zu tollen Abenden mit der Familie war es eine tolle Zeit und ich habe mich wirklich zuhause gefühlt. Südafrika ist ein wunderschönes Land mit sehr netten, gastfreundlichen und offenen Menschen.

Hier findet ihr weitere Infos über die Austausch-Organisation, die ich wirklich empfehlen kann: www.fsa-youthexchange.de oder auf instagram: fsa_youthexchange

Mein Tipp für Euch: Erlebt Südafrika selbst! 

Euer Tom Roesberger

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